Antifa-Ost-Verfahren II: Erste Erklärungen von drei Angeklagten
26.11.2025
Antifa Ost Verfahren II. Zweiter Tag. Auch dass ist jetzt anders. Während es im - sogenannten - Lina E.-Verfahren zu Anfang keine Erklärungen der Angeklagten gab, reden nun drei derer, die in Dresden vor Gericht stehen. Schildern ihre Sicht auf die Gesellschaft, speziell zum Thema Rechtsextremismus. So berichtet Thomas J. - der mit 49 Jahren der älteste unter den Angeklagten ist - von seiner Jugend in Königs-Wusterhausen zu Beginn der 90er Jahre. Als er sich - kurz nach dem Ende der DDR - Gewalt von Neonazis erwehren musste. Die ihn körperlich angegriffen hatten, Menschen aus seinem Umfeld töteten.
Thomas J. selbst wird nun von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, als Trainer für sogenannte Kampfsporttrainings gewirkt zu haben. Bei denen sollen - unter anderem - Überfälle auf Rechtsextremisten geübt worden sein. "Antifaschismus ist notwendig." Ähnlich agumentierten auch schon Vertreter des 'Solidaritätsbündnis Antifa Ost' zum Prozeßauftakt vor gut vier Jahren beim ersten Verfahren. Als sie vor dem Gerichtsgebäude Interviews gaben. Mittlerweile gibt es von dieser Gruppe keine Neuigkeiten mehr. Weder auf deren Webseite, noch auf ihrem damals intensiv-gepflegten Twitter-Account.
Kundgebung des 'Solidaritätsbündnis Antifa Ost' am 8. September 2001 vor dem Oberlandesgericht in Dresden
Screenshot: interpool.tv. All Rights Reserved
25.11.2025
Es war ein komplett anderer Prozeßauftakt als beim Strafverfahren gegen Lina E. (und andere) am 8. September 2021. Heute, gut vier Jahre später, steht ihr ehemaliger Verlobter Johann G. nun vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Dresden. Es ist eine Art Fortsetzungsverfahren. Im Gegensatz zu damals, zeigen einige der Angeklagten nun aber ziemlich klare Kante. Das Gesicht offen. Mit einem breiten Grinsen drauf. Victoryzeichen ins Publikum. Über den muskulösen Oberarmen spannen 'Fred Perry' T-Shirts. Johann G. selbst trägt eines vom einem Technofestival. 'Nova'. Ein Musikevent in Israel, wo am 7. Oktober 2023 Hamas-Anhänger wüteten. Darüber eine Jacke mit dem Ex-Hooligan-Label 'Stone Island'. Symbolik auf der Anklagebank.
Vor dem Gerichtsgebäude im Dresdener Norden haben Unterstützer zu einer Kundgebung eingeladen. "Free All Antifas". Es gibt Tee und Schnittchen. Mehr als 30 Symphatisanten sind es nicht. "Free Johann", "Free Tobi", "Free Nanuk". Vor vier Jahren waren es gut dreimal mehr. Im Gerichtssaal trägt die Bundesanwaltschaft die Anklageschrift vor. Zwei Stunden vergehen. Kurz vor 18 Uhr endet der erste Prozesstag. Es werden Dutzende folgen. Bis in das Jahr 2027 hinein soll verhandelt werden.
14.11.2025
Jetzt auch bekannt: der zweite Prozeß gegen die Antifa-Ost soll am Dienstag, den 13. Januar 2026 um 10:30 Uhr in Düsseldorf beginnen. Dies gab das Oberlandesgericht (OLG) am Freitag bekannt. Vor Gericht stehen sechs Jugendliche, bzw. - zum Tatzeitpunkt - Heranwachsende. Ihnen wird u.a. die "Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung", versuchter Mord sowie "gefährlichen Körperverletzung" vorgeworfen. Im Blickpunkt dürfte dabei insbesondere die 23jährige Emilie D. stehen. Sie soll vor ihrer Festnahme mit Johann G. - dem mutmasslichen Kopf der in Sachsen und Thüringen operierenden Hammerbande(n) - liiert gewesen sein.
Emilie D. wird dabei vorgeworfen, am 23. April 2022 an einem Überfall auf einem Erfurter 'Thor Steinar'-Laden beteiligt gewesen zu sein. Dort soll sie - mit fünf weiteren Personen - eine Verkäuferin attackiert haben. Außerdem wird ihr vorgeworfen, mir anderen am 12. Januar 2023 in Erfurt zwei Menschen von hinten angegriffen zu haben. Sie mit Faustsschlägen, Schlagstöcken und einem Hammer lebensgefährlich verletzt zu haben. Weiterhin wird Emilie D. von der Bundesanwaltschaft beschuldigt, an Übergriffen im Februar 2023 auf Rechtsextreme - oder vermeintliche rechtsextreme Teilnehmer - des sogenannten 'Tages der Ehre' in Budapest beteiligt gewesen zu sein. Geplant sind vor dem OLG Düsseldorf zunächst 72 Verhandlungstage. Bis in den Januar 2027 hinein.
Unterdessen wurde bekannt, dass die US-Regierung unter Donald Trump - neben drei weiteren Gruppen aus Italien und Griechenland - die 'Antifa-Ost' auf die Terrorliste gesetzt hat. In einer Erklärung des US-Außenministerium heisst es: die 'Antifa-Ost' hätte zwischen 2018 und 2023 „zahlreiche Angriffe gegen Personen verübt, die sie als "Faschisten" oder Teil der "rechten Szene" in Deutschland ansieht“.
Vermummte Autonome rennen vor bayerischen Spezialpolizisten bei Protesten gegen die Verurteilung von Lina E. am 3. Juni 2023 in Leipzig weg - Screenshot: interpool.tv. All Rights Reserved
21.10.2025 (update)
Johann G. - Der mutmaßliche Kopf der - sogenannten - Hammerbande(n). Ab dem 25. November 2025 soll er - und sechs weitere Linksextremisten - nun in Dresden vor Gericht stehen. Prozeßbeginn vor dem 4. Strafsenat (Staatsschutzsenat) ist 9:30 Uhr. Ursprünglich war der 4., später dann der 18. November als Prozeßbeginn angegeben worden. Insgesamt hat das Dresdener Oberlandesgericht mehr als 70 Verhandlungstage bekannt gegeben. Diese erstrecken sich bis in den Sommer 2026 hinein.
Die Generalbundesanwaltschaft wirft den Angeklagten vor: "als Mitglieder oder Unterstützer zu einer spätestens Ende 2017/Anfang 2018 in und um Leipzig gegründeten Vereinigung gehört zu haben, deren Mitglieder eine militante linksextremistische Ideologie teilten. Dies habe insbesondere die Ablehnung des bestehenden demokratischen Rechtsstaats, des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung sowie des staatlichen Gewaltmonopols eingeschlossen." Verhandelt werden - unter Anderem - gefährliche Körperverletzung, versuchter Mord und der Diebstahl mit Waffen.
Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Autonomen und der Polizei bei Protesten gegen die Verurteilung von Lina E. am 3. Juni 2023 in Leipzig - Screenshot: interpool.tv. All Rights Reserved
26.09.2025
Fünf Jahre Haft. Wegen gefährlicher Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Mit diesem Urteil gegen die 30jährige Kunststudentin Hanna S. ging am Freitag Mittag der monatelange Prozeß vor dem Oberlandesgericht in München zu Ende. Damit blieb Richter Dr. Philipp Stoll deutlich unter den neun Jahren, die die Bundesanwaltschaft gefordert hatte. Aber auch erheblich über dem "Freispruch", den ihre Verteidiger wollten. Medienberichten zu Folge sprach der Vorsitzende Richter in seinem Plädoyer von einer "Menschenjagd", die es im Februar 2023 in Budapest gegeben haben soll. Und: "Es gibt keine gute politische Gewalt". Bei den Überfällen auf vermeintliche und reale Rechtsextremisten wäre Hanna S. in mindestens zwei Fällen beteiligt gewesen. Das Urteil ist bisher allerdings noch nicht rechtskräftig.
Unterdessen berichtet 'tagesschau exklusiv' über ein in Kürze anstehendes sogenanntes 'Mammutverfahren' zum gleichen Themenkomplex - Prozeß gegen Linksextreme bereits im November? Dann soll in Dresden - der mutmassliche Kopf der militanten Bande(n) mit Schwerpunkt Leipzig - Johann G. vor Gericht stehen. Er galt lange Zeit als 'Verlobter' von Lina E. Die aus Kassel stammende mittlerweile 30jährige wurde am 31. Mai 2023 zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Momentan sitzt sie ihre Strafe ab. Der neue Prozeß, der ebenfalls vor dem Oberlandesgericht im Dresdener Norden stattfinden soll, soll - so berichten die in dieser Sache gewöhnlich gut informierten Autoren vom Mitteldeutschen Rundfunk (mdr) - mehr als 130 Prozeßtage lang andauern und bis in das Jahr 2027 hinein gehen.
Proteste gegen die Verurteilung von Lina E. am 3. Juni 2023 in Leipzig - Screenshot: interpool.tv. All Rights Reserved.
15.09.2025
Eine Woche nach der Bundesanwaltschaft haben nun auch die beiden Verteidiger ihre Plädoyer vor dem Münchener Landgericht gehalten. Wenig überraschend: Anwälte fordern Freispruch für Hanna S. Das Urteil wird für Freitag, den 26. September 2025 gegen 13 Uhr erwartet.
08.09.2025
Bundesanwaltschaft fordert neun Jahre Haft für Hanna S. Im Münchener Verfahren gegen die 30jahrige Studentin aus Nürnberg hat der Staat sein Plädoyer gehalten. Er geht von versuchtem Mord, gefährliche Körperverletzung und die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung aus. Beschreibt Einzelheiten ihres Handeln im Feburar 2023 in Budapest. Demnach soll sie auf dem Arm eines - mutmasslichen - Rechtsextremisten gesessen haben. Als mehrere andere Menschen ihn schlugen und misshandelten. Prozeßbeobachter berichten derweil, dass die Ermittler einen klaren Cut zwischen den Gruppe(n) um Lina E. und den 'Aktivisten' aus Budapest machen. Unterdessen wurden auch die nächsten Prozeßtermine gegen 'Maja T.' vor dem Budapester Staatsgericht bekannt: 22., 26. und 29. September sowie 2. und 8. Oktober 2025. Auch ihr wird die Beteiligung an militanten Übergriffen auf Andersdenkende in Ungarn vorgeworfen.
08.07.2025
Neue Details. Zum Beispiel zu den Überfällen auf Bekleidungsgeschäfte der Marke 'Thor Steinar' in Erfurt, Schwerin, Magdeburg und Halle an der Saale. Laut der aktuellen Pressemitteilung der Generalbundesanwaltschaft - zum geplanten neuen Verfahren gegen sechs Autonome - sollen diese gleichzeitig am Samstag, den 23. April 2022 erfolgt sein. Emilie D. - eine damals gerade 20jährige - soll dabei in dem Laden in Erfurt die Verkäuferin zu Boden gerissen und ihr Faustschläge gegen Kopf und Oberkörper gegeben haben. "Eine Mittäterin schlug mindestens zwanzigmal mit einem Teleskopschlagstock auf die am Boden liegende Geschädigte ein." So führt es die Generalbundesanwaltschaft in ihrer Pressemitteilung weiter aus. Von anderen wurde Buttersäure und Pfefferspray versprüht. Der Überfall wurde von einer Kamera des Ladens im Video festgehalten. Darin ist auch der Einsatz von Bitumen zu sehen. Emilie D. - die später mit dem mutmasslichen Kopf der militanten linken Bande(n) Johann G. liiert gewesen sein soll - werden noch weitere Überfälle vorgeworfen. So am 12. Januar 2023 in Erfurt sowie in der Zeit zwischen dem 9. und 11. Februar 2023 in Budapest.
04.07.2025
Der - gewöhnlich in dieser Sache gut informierte - Mitteldeutsche Rundfunk (mdr) berichtet von einem neuen bevorstehenden Verfahren. Bundesanwaltschaft - Weitere Anklagen gegen mutmassliche Linksextremisten. Auch hier geht es um die Bildung einer linksextremen kriminellen Vereinigung. Auch hier lautet der Vorwurf gefährliche Körperverletzung. In zwei Fällen - so berichtet der mdr - gar auf versuchter Mord. Der Prozeß soll diesmal vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf stattfinden. 
Unterstützer bei ihrer Kundgebung gegenüber Dresdener Oberlandesgericht - Screenshot: interpool.tv. All Rights Reserved.
23. Juni 2025 (update)
Jetzt ist auch die Presseerklärung der Generalbundesanwaltschaft (GBA) raus. Und, die hat es in sich. Gegen drei Angeklagte besteht - so die Ermittler - "der hinreichende Verdacht des versuchten Mordes". Alle drei sitzen aktuell in Haft.
Pikant ist auch, dass der Ex-Geschäftsführer des Fußball-Regionalligisten Chemie Leipzig - Henry A. - in der Pressemitteilung mit einem Überfall in Wurzen (15. Februar 2020) in Verbindung gebracht wird. Auch soll er den Schlüssel für ein Depot von Schlagwerkzeugen in Leipzig-Connewitz verwahrt haben. Ihm war - mehrfach - von den Behörden seine Wohnung durchsucht worden. Aktuell ist er auf 'freiem Fuß'. Wie zwei weitere Angeklagte auch.
Details zu dem - mutmasslichen - Head der Gruppe(n) - Johann G. - gibt es hier. Weitere werden folgen. G. - der in der Vergangenheit als Verlobter von Lina E. in der Öffentlichkeit beschrieben wurde - war vier Jahre lang untergetaucht. Bis er im November 2024 in einem Regionalzug bei Weimar von Zielfahndern des sächischen Landeskriminalamt (LKA) festgenommen wurde. Wie die Tageszeitung 'Die WELT' - mit Bezug auf Ermittlerkreise - jüngst berichtete, soll er sich zeitweise in Berlin versteckt gehalten haben.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein Hintergrundbericht der 'tageszeitung' (taz): "Die Gewalt kam damals zu uns". So ist ein Artikel über Thomas J. - einen der Angeklagten - überschrieben. Der Artikel ist von einer erstaunlichen Detailfülle. Hier geht es um einen ehemaligen Türsteher und Nahkampftrainer. Neues gibt es hier auch zu einem Angriff auf eine Leipziger Außenstelle des Bundesgerichtshofes (BGH) an Neujahr 2019.
Interessant zu sehen ist, ob das zuständige Gericht in Dresden - hier fand von September 2021 bis Mai 2023 bereits ein Prozeß in ähnlicher Sache statt - die Verfahrenseröffnung billigt. Wenn der Prozeß startet, wird er wohl länger dauern. Sieben Autonome, die sich verantworten müssen.
Lina E. auf dem Weg zum Prozeß vor dem Oberlandesgericht in Dresden - Screenshot: interpool.tv. All Rights Reserved.
Tags: oberlandesgericht, Prozess, Autonome, Rheintrassen Düsseldorf, Schwarzer Block, Dresden, Lina E., Hammerbande, Johann G., Black Block, Emilie D., Henry A., Überfälle, Thomas J., Antifa-Ost